Mit den CREATIVE.Challenges haben wir ein Format entwickelt, um die Kreativen in NRW mit den Akteur:innen von Wirtschaft, Verwaltung, Forschung und urbaner Produktion zu vernetzen. Was gab für 3M den Ausschlag, sich als Partner in das Projekt einzubringen?
3M ist mit 50.000 Produkten in sehr vielen Lebens- und Arbeitsbereichen der Menschen zu Hause. Innovation ist Teil unserer DNA. Und Innovation ist ohne Kreativität nicht möglich. Wir lieben es, „out-of-the-box“ zu denken und uns von kreativen Menschen inspirieren zu lassen. Die CREATIVE.Challengesbringen kreative Power aus verschiedenen Perspektiven zusammen. In einem solchen Format fühlen wir uns wohl.
Das Thema „Neue Arbeit“ liegt 3M generell besonders am Herzen. Das Unternehmen setzt laut eigener Website „auf eine Unternehmenskultur, die ein kreatives Miteinander fördert“. Wie setzt 3M dies konkret um?
Wir geben unseren Mitarbeiter:innen sehr viele Freiräume. Die 15%-Regel von 3M ist ein schon legendäres Beispiel. 3Mer:innen können 15% ihrer Arbeitszeit an eigenen Ideen arbeiten, völlig egal zu welchem Thema. Seit 70 Jahren fördern wir so die Kreativität unserer Mitarbeiter:innen. Einige der spannendsten Erfindungen stammen aus dieser Regel, zum Beispiel die Post-it-Haftnotizen von 3M. Innovation ist aber immer auch Teamsport. Wenn Menschen zusammenkommen und miteinander darüber nachdenken, wie das Leben der Menschen verbessert werden kann, dann kann Gewaltiges entstehen. Dabei ist es gerade die Zufälligkeit eines Gespräches am Kaffeeautomat, die Begegnung auf dem Flur, in der der Impuls für eine kreative Idee schlummern kann. Kreativität per Order funktioniert selten, gerade in der Ungezwungenheit können sich die Phantasie und die Kreativität entfalten. Genau deshalb schaffen wir Räume und Gelegenheiten für solche zufällige Treffen: ein stilechtes italienisches Café in unserem Neusser Gebäude, gemeinsame Grillabende oder Inspirationsräume, um die Gedanken fliegen zu lassen.
Die Challenge von 3M rückt das Verhältnis verschiedener Komponenten von gemeinsamer Arbeit in den Fokus: Nähe und Distanz, analog und digital, Emotionen und Zielsetzungen. Welche Erwartungen haben Sie an die kreativen Lösungen, die am 21. Juli präsentiert werden?
Wir befinden uns in einer Phase voller Disruptionen. Was jahrzehntelang unumstößliche Realität war, muss plötzlich infrage gestellt werden. Wie wollen wir in den Unternehmen zusammenarbeiten? Kann das ohne klare Verortung, ohne Büros und Firmengebäude funktionieren? Jetzt werden Weichen gestellt für die Zukunft des Zusammenarbeitens. Jetzt müssen wir divergente Ideen und Konzepte auf den Tisch legen und diskutieren. Genau das erwarten wir von der Challenge: Wenn kreative Menschen aus völlig unterschiedlichen Hintergründen ihre Vorstellungen präsentieren, dann öffnet das auch unsere Ideen und wirkt wie eine inspirierende Frischzellenkur. Uns bewegt vor allem die Frage, wie Zusammengehörigkeitsgefühl in Zeiten virtueller Kollaboration entstehen kann. Wie können wir die Kraft des zufälligen Treffens in die Zukunft retten? Wie muss sich eine Unternehmenskultur weiterentwickeln, die in einem Jahrhundert gewachsen ist und auf das physische Miteinander der Mitarbeiter:innen setzt?
Seit vier Jahren veröffentlicht 3M jährlich den „3M State of Science Index“, eine Studie, die u.a. untersucht, in welchem Maße die Menschen auf die Wissenschaft vertrauen, um Lösungen für die Zukunft zu finden. Wie kann Ihrer Ansicht nach zwischen wissenschaftlichen und kreativwirtschaftlichen Lösungsansätzen mehr Zusammenarbeit gelingen?
Wissenschaft und Kreativität gehören zusammen. 3M arbeitet mit über 50 Technologieplattformen und Tausenden von Forscher:innen. Die daraus entwickelten wissenschaftlichen Erkenntnisse sind ein entscheidendes Fundament. Aber erst wenn solche wissenschaftlichen Erkenntnisse durch neue Verbindungen gebracht werden und zur Lösung großer Probleme weiterentwickelt werden, dann können auch Innovationen entstehen. Ohne menschliche Kreativität und den Willen, Probleme zu lösen, kann das nicht funktionieren. Deshalb müssen wir mögliche Berührungsängste zwischen Wissenschaft und Kreativwirtschaft abbauen. Die großen Herausforderungen der Menschheit wie Klimawandel, Ernährung und Zugang zu Bildung lassen sich nur mit wissenschaftlichen Fakten und neuen, kreativen Lösungen angehen.
Im Oktober 2021 waren Sie zu Gast auf unserem Panel „Künstlerisch durch die Krise – Wie Kreative die Zukunft gestalten können“ im Rahmen der Düsseldorfer Start Art Week. Diskutiert wurden verschiedene Innovationsstrategien, Transformationsprozesse und die Bedeutung von Resilienz. Haben Sie den Eindruck, wir alle haben aus dieser Zeit wirklich etwas gelernt?
Wenn Zukunft immer unvorhersehbarer wird, braucht es Menschen, die neue Verbindungen eingehen, um Optionen aufzuzeigen. Wir werden Wege aus der Krise nur dann finden, wenn wir unterschiedliche Perspektiven integrieren. Innovationen kommen nicht nur von Forschern, Transformation nicht nur von Unternehmen und Resilienz nicht nur von Organisationspsychologen. Wir können die Veränderungen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik nur unter Beteiligungen aller gesellschaftlichen Gruppen vorantreiben. Und deshalb zählt jeder Impuls. Es war gut zu erleben, wie engagiert Künstler:innen ihre Perspektiven, Gedanken und Meinungen in die Diskussionen zur Krisenbewältigung einbringen. Das war beeindruckend und lehrreich.
Die Welt scheint seit der Pandemie gar nicht mehr aus dem Krisenmodus zu kommen. Welches sind die größten Herausforderungen, vor denen 3M als Unternehmen momentan steht, und welche Rolle spielen dabei konkrete Orte der Vernetzung und für Cross-Innovationen?
Wir haben jahrzehntelang viel unternommen, um unsere Forschungszentren zu Orten der Kollaboration zu machen. Wenn 3Mer:innen, Kund:innen, Student:innen und externe Forscher:innen zusammenkommen, so der Leitgedanke, dann können große Innovationen entstehen. Doch plötzlich kam pandemiebedingt keiner mehr zu uns. Das ist für die Art, wie 3M Innovation versteht, eine echte Herausforderung. Wir haben Virtual-Reality-Lösungen für Zusammenarbeit geschaffen. Das ist gut, ersetzt aber natürlich bei Weitem nicht das physische Zusammenkommen. Anfassen und begreifen, Menschen in die Augen gucken ist halt alternativlos. Glücklicherweise kommt jetzt wieder schrittweise Leben in unsere „Inspiration Center“.
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