24. 8. 2022
creative.talk

Ines Rainer und Lars Terlinden
creative.nrw

creative.nrw geht in eine neue Phase. Wir freuen uns, euch heute unsere neue Doppelspitze vorzustellen: Ines Rainer und Lars Terlinden. Ines ist bereits seit Anfang 2017 als Projektmanagerin fester Bestandteil des creative.nrw -Teams, Lars ist in NRW vor allem den Düsseldorfer:innen ein Begriff: Im Auftrag der Wirtschaftsförderung Düsseldorf leitet er das städtische Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft. Gemeinsam werden die beiden creative.nrw als Projektleiter:innen durch die kommenden Jahre führen. Eine gute Gelegenheit, ihnen ein paar Fragen zu stellen.

Foto: creative.nrw

Am 1. August 2022 ist der Startschuss für die nächsten drei Jahre creative.nrw gefallen. Mit dem Abschied von Claudia Jericho als Geschäftsstellenleiterin in Köln geht das Kompetenzzentrum nun mit euch als Doppelspitze in die Zukunft. Mit welchen persönlichen Zielen und Wünschen im Gepäck stellt ihr euch dieser neuen Aufgabe?

Lars Terlinden: Das Stichwort „Gepäck“ passt hier gut, denn ich freue mich auf die gemeinsame Reise durch die abwechslungsreiche und spektakuläre Kreativlandschaft in NRW. Seit 2016 habe ich davon in meiner Tätigkeit bei der Düsseldorfer Wirtschaftsförderung schon viel mitbekommen, auch und vor allem dank der Angebote von creative.nrw. Umso mehr habe ich mich gefreut, als Ines mich wegen einer Mitwirkung angefragt hatte und dann von Christian Boros und Carolin Paulus als Projektverantwortlichen das Angebot kam, Teil einer Doppelspitze zu werden. Mein Wunsch ist es nun, möglichst viele mit auf diese Reise zu nehmen, aus der Kreativwirtschaft selbst, aber auch aus klassischer Industrie, Startup-Kosmos, Politik, Kammern, Verbänden und Verwaltungen. Ob in Metropolen, im ländlichen Raum oder auch in digitalen Welten – die Kreativwirtschaft hält überall Potenzial, Schätze und Highlights bereit, die es zu entdecken und zu vernetzen gilt. Mein persönliches Ziel ist es dabei, gemeinsam mit dem Team möglichst viele Menschen zusammenzubringen und sichtbar zu machen, deren tägliche kreative Arbeit gesellschaftliche Wirkung in Bereichen wie Nachhaltigkeit, Cross Innovation und innovativem Unternehmer:innentum entfaltet. Unser Titel ist dabei Leitmotiv: Wir alle sind creative.nrw.

Ines Rainer: So wie wir es uns zum Ziel gesetzt haben, das bestehende Netzwerk zu einer noch größeren Gemeinschaft aufzubauen, wünsche ich mir auch für die Wirtschaft und Gesellschaft ein noch größeres WIR-Gefühl. Die Herausforderungen, vor denen wir aktuell stehen, können wir nur gemeinsam lösen, und um das zu schaffen, sollten wir unsere Arbeit und unser Leben diverser, interdisziplinärer, inklusiver und kooperativer gestalten. Die Kreativen mit ihrem Mut, ihrer Innovationskraft und ihrem unkonventionellen Blick auf die Dinge sind für alle zukünftigen Transformationsprozesse unabdingbar. Zudem erhoffe ich mir, dass durch unsere Arbeit das Potenzial und die Notwendigkeit, Kreative gerade jetzt einzubinden, erkannt werden und entsprechend gehandelt wird.

Mit personellen oder strukturellen Veränderungen innerhalb eines Projekts gehen immer große Erwartungen einher. Was soll sich ändern? Bleibt alles anders?

Ines Rainer: Unsere bisherige Struktur mit BOROS als Projektträger und Christian Boros und Carolin Paulus in ihrer Rolle als Geschäftsführer:innen, aber vor allem als wichtige Impulsgeber:innen, bleibt nach wie vor bestehen. Auf Grund von einigen neuen inhaltlichen Schwerpunkten, wie z.B. der Beratung für Gründer:innen, wird das Team entsprechend erweitert. Mit Lars Terlinden als neuem Kollegen freue ich mich auf viele neue Denkanstöße. Seine Expertise und langjährigen Erfahrungen, insbesondere in Bereichen wie temporäre Nutzungen, kommunale Wirtschaftsförderung und kreative Stadtentwicklung, werden für uns und die Branche ein großer Gewinn sein. Ansonsten sind wir wie gehabt mit voller Motivation, Tatendrang und neuen Ideen im Kopf unterwegs und freuen uns auf neue Kooperationen und die stetige Erweiterung unseres Netzwerkes in NRW.

Lars Terlinden: Wir werden die kommenden Monate dafür nutzen, unsere Ideen und Handlungsansätze zu schärfen und in einen Maßnahmenplan zu überführen. Es geht um Kontinuität bei dem, was gut funktioniert, kritische Reflexion darüber, was verbesserungsfähig ist, und Offenheit gegenüber neuen Ansätzen, Denkweisen und auch Akteur:innen bzw. Themen. Dabei werden wir nicht im eigenen Saft schmoren, sondern ganz bewusst den Austausch mit Kreativen im ganzen Land suchen und diesen dank des großen Netzwerks von Macher:innen auch finden. Unser Ansatz lautet: Wir entwickeln creative.nrw kollektiv weiter. Als Neuling im Team freue ich mich darauf, Fragen stellen zu dürfen und Impulse geben zu können – und natürlich kann ich es schon seit der durchaus unterhaltsamen Konzeptentwicklung kaum erwarten, mit der Umsetzung zu starten. Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen: Es wird neue Angebote geben, inhaltlich wie auch räumlich, von einer Geschäftsstelle in Form eines multifunktionalen Studios über neue Veranstaltungsformate bis hin zu weiteren neuen Köpfen im Team. Im Prinzip ist schon alles fertig, jetzt müssen wir es nur noch machen.

Köln und Düsseldorf gelten zahlenmäßig als Hochburgen der Kreativwirtschaft, dabei ist die Kreativwirtschaft im ganzen Land gut und sehr heterogen vertreten. Was plant Ihr für die kommenden Jahre, um die Akteur:innen in Städten und ländlichen Regionen gleichermaßen sichtbar zu machen, stärker zu vernetzen und in einen produktiven Austausch zu versetzen?

Ines Rainer: Mit unserer Auszeichnung creative.spaces haben wir in den vergangenen Jahren insgesamt zwanzig kreative Netzwerke in ganz NRW in einen gemeinsamen Austausch gebracht und sie mit den relevanten Vertreter:innen aus Verwaltung, Wissenschaft und Industrie verknüpft. Dabei war es spannend zu sehen, wie die kreativen Orte in ländlichen Regionen einen besonders großen Bedarf und ein großes Interesse an einer überregionalen Vernetzung haben. Bevölkerungsrückgang, eine alternde Gesellschaft und fehlende Infrastruktur – Dörfer und ländliche Regionen stehen vor großen Herausforderungen. Kreative Menschen mit ihren innovativen Zukunftsvisionen können einen wichtigen Beitrag leisten für die Regionalentwicklung. Diesen Bedarf an Kooperationen und Allianzen wollen wir mit unserer neuen Ausschreibung creative.projects fortführen, indem wir einen Schwerpunkt auf Projekte im ländlichen Raum legen.

Lars Terlinden: Während Kreative in Städten und ländlichen Regionen grundsätzlich vor unterschiedlichen Herausforderungen stehen, spielt sich das Meiste doch in denselben Themenbereichen ab: Raum/Fläche, Finanzierung/Wertschöpfung, Akteur:innen/Talente und Netzwerke. Wir werden, wie schon bei den CREATIVE.Spaces, verstärkt dafür sorgen, dass die räumliche Distanz zwischen den Akteur:innen durch die Nähe ihrer Mindsets überwunden wird. Neben den ja nun wirklich nachhaltig etablierten digitalen Möglichkeiten in Form von Videochats und Onlinekonferenzen werden wir wieder für reichlich physische Begegnungsmöglichkeiten sorgen. Ob Erfahrungsaustausch, Brainstorming, die Entwicklung einer Agenda, eines Formats oder Projektes, ob Beratungen zu Gründungen, Förderungen oder zur Vernetzung – creative.nrw soll weiterhin und stärker noch ein Netzwerk zum Anfassen, zum Mitwirken sein. Man könnte es auch „aufsuchende Kreativarbeit in alle Richtungen“ nennen.

Fast gleichzeitig mit dem Wechsel in der Leitung von creative.nrw hat sich auch beim Auftraggeber etwas geändert. Das MWIDE heißt nun MWIKE (Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie), an der Spitze steht mit Mona Neubaur eine Ministerin der Grünen. Wird sich die Kultur- und Kreativwirtschaft künftig noch mehr mit dem Thema Klima beschäftigen (müssen)? Wo seht ihr in diesem Bereich die größten Chancen und Herausforderungen?

Lars Terlinden: Es ist ein sehr interessantes Spannungsfeld: Einerseits tragen kreativwirtschaftliche Lösungen dazu bei, dass eine Vielzahl von Dienstleistungen und Produkten nachhaltig und ressourcenschonend hergestellt werden (können). Andererseits lässt sich argumentieren, dass auf kreativwirtschaftlichem Input basierende Phänomene wie der rasant wachsende Onlinehandel, eine (Über)Konsum fördernde Werbewirtschaft oder auch die immer schnelllebigere, marketing- und designgetriebene Modeindustrie (Thema Fast Fashion) eher zu einer negativen Klimabilanz beitragen. creative.nrw kommt hier eine spannende Doppelrolle zu: Gegenüber der Branche werden wir in Anlehnung an die Schwerpunktthemen des Ministeriums zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz aufrufen und auch unsere Angebote und Veranstaltungen danach ausrichten. Gegenüber dem MWIKE können wir andersherum als Botschafter auftreten, Best-Cases und Benchmarks aus der Kreativwirtschaft herausgreifen und diese auf Landesebene und darüber hinaus kommunizieren. Ich freue mich auf den Diskurs und die bestenfalls zahlreichen guten Beispiele für Nachhaltigkeit aus der NRW-Kreativwirtschaft.

Ines Rainer: Mit dem neuen Klima-Schwerpunkt des Ministeriums manifestiert sich die aktuell dringlichste Herausforderung unserer Zeit in einem politischen Rahmen. Wir sehen es als eine Ehre, aber auch eine riesige Chance an, dass wir von nun an mit unserer Arbeit dazu einen Beitrag leisten können, indem wir das Thema in all unsere Aktivitäten mit einbeziehen. Nachhaltigkeit und die ökologischen Aspekte wirtschaftlichen Handelns sind nicht erst seit gestern Bestandteil vieler kreativer Projekte und Innovationen. Die Herausforderung liegt darin, diese wichtigen Impulse zukünftig noch sichtbarer und zugänglicher zu machen und die Kreativen mehr und mehr in aktuelle Diskurse und Strukturen einzubeziehen. Wie Wirtschaftsministerin Mona Neubaur bereits auf unserer creative.challenges-Veranstaltung betonte, erbringt die Kreativwirtschaft gerade in einer Zeit, die so nach Kreativität verlangt, eine unverzichtbare Leistung: Sie bringt frischen Wind in alte Denkmuster! Wir freuen uns darauf, Frau Neubaur und das Ministerium dabei zu unterstützen, denn nur durch gemeinsames Handeln und gegenseitige Unterstützung können wir sinnvolle Lösungen für die aktuellen Herausforderungen finden.