25. 3. 2024
creative.talk

Susanne Peick
polis Convention

Susanne Peick, Projektleiterin der polis Convention

Susanne Peick ist Chefredakteurin des polis Magazins für Urban Development und hat gemeinsam mit Prof. Dr. Johannes Busmann (Verleger und Geschäftsführer des Verlags Müller + Busmann) die polis Convention entwickelt, die sie seither als Projektleiterin organisiert und verantwortet. Die bundesweite Messe für Stadt- und Projektentwicklung feiert in diesem Jahr bereits ihr 10-jähriges Bestehen und findet am 24. und 25. April 2024 auf dem Düsseldorfer Areal Böhler statt.  Am 25. April präsentieren wir unter dem Titel „Stadtentwicklung meets Kreativwirtschaft“ drei innovative Projekte aus NRW im Rahmen der polisWERK.STADT.

Was sind aus deiner Sicht aktuell die größten Herausforderungen im Bereich Stadtentwicklung in Nordrhein-Westfalen?

Ich denke, die Herausforderungen sind aktuell genau diejenigen, mit denen wir bereits seit einigen Jahren umgehen lernen müssen – seien es Fragen zur Belebung unserer Innenstädte mitsamt den Überlegungen zum Umgang mit Leerstand und der richtigen, ja vielleicht sogar neuen Nutzungsmischung in unseren Zentren; Fragen zum Bauen im Bestand, die ewig andauernde Diskussion um bezahlbaren Wohnraum, die Entwicklung attraktiver Freiraum- und Grünflächen, die dringend notwendige Beschäftigung mit der Sanierung und Neuentwicklung von Bildungsbauten etc. Kurzum: Mir fällt es ehrlich gesagt schwer, gegenwärtig zu sagen, DAS sind unsere Top 10. Ob in NRW oder in anderen Bundesländern: Wir stehen vor einem sehr komplexen Kaleidoskop an Aufgaben, die uns eine Menge abverlangen – und die wir zwangsläufig immer auch mit Blick auf Ökonomie und Ökologie diskutieren müssen.

Das Motto der polis Convention 2024 lautet „Same. Same … But Different – Alles bleibt … Anders“. Was bleibt, was wird sich verändern?

Wir haben den Titel der diesjährigen Messe so ausgewählt, weil er genau das „Dilemma“ beschreibt, in dem wir uns gegenwärtig befinden. Blicken wir auf o.g. Aufgaben, ist für uns nichts davon wirklich neu. Die Dimensionen sind andere, die Ausgangsbedingungen sind noch anspruchsvoller geworden. Aus der Metaperspektive, also in längeren Zeithorizonten gedacht, sind solche Entwicklungen durchaus normal. Dennoch fühlen wir uns an vielen Stellen überfordert, wissen mitunter nicht, wo wir beginnen sollen. Dieses Gefühl der Überforderung begleitet uns nun schon längere Zeit. Anders ist, dass viele Akteur:innen begonnen haben, diese unvorhersehbaren Zeiten zum Anlass zu nehmen und sich neu aufzustellen: Es geht nicht mehr ohne ein gewisses Maß an Flexibilität und Offenheit gegenüber dem Unbekannten. Der Mut, Dinge auszuprobieren und Neues zu wagen, ist größer geworden – das ist in der Branche nicht überall möglich. Doch dort, wo es gelingt, macht sich positivere Stimmung breit – das brauchen wir: Wagemut und Anfängergeist!

Am 25. April bringen wir im Rahmen der Convention drei kreativwirtschaftliche Initiativen aus NRW mit gesellschaftlichem Impact auf die Bühne: Urbatur, rethink*rotor und die meffi.s. In drei Präsentationen wird es um kreativwirtschaftliche Beiträge zu Kreislaufwirtschaft, Klimaresilienz und Placemaking gehen. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach die Kultur- und Kreativwirtschaft bei der Stadtentwicklung?

Die Kultur- und Kreativwirtschaft bringt genau das mit, was ich gerade benannt habe: Wagemut und Anfängergeist. Stadtentwicklung braucht jene Menschen, die mit ihren Ideen Bestehendes weiterentwickeln oder komplett neu denken. Ohne Vision keine Transformation. Diese Experimentierbereitschaft und -freude liegt genau bei diesen Akteur:innen. Städte könnten sich – provokant gesprochen – sicherlich auch ohne Kultur- und Kreativwirtschaft entwickeln. Dann aber wären sie seelenlose Räume, ganz und gar ohne Identität und denkbar unattraktiv. Insofern tragen diese Akteur:innen maßgeblich zur Lebendigkeit unserer Städte bei und werden zu Recht oftmals als Motor der Stadtentwicklung bezeichnet.

Gibt es Bereiche, wo sich die Kreativwirtschaft stärker einbringen könnte – und sollte?

Guter Punkt. Ist es nicht eher die Frage, wo sie sich einbringen darf? Ich beobachte an vielen Stellen großes Engagement seitens der Kreativwirtschaft, das nicht immer auf offene Ohren stößt. Ideen, Visionen und Konzepte werden oft zunächst daraufhin überprüft, welche Schwierigkeiten sie mit sich bringen, anstatt auf ihr Potenzial. Ein Perspektivenwechsel wäre an dieser Stelle genauso wünschenswert wie ein offener Dialog aller am Prozess Beteiligten.

Zahlreiche kreative Akteur:innen engagieren sich für die Transformation von Städten, zum Beispiel mit temporären Nutzungen oder durch Beiträge zur Quartiersentwicklung. Oftmals werden kreative Ansätze jedoch durch aufwendige Genehmigungsprozesse oder mangelnde Finanzierung gehemmt. Wie könnte die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Projektentwickler:innen einerseits und kreativen Innovator:innen andererseits verbessert werden?

Siehe oben: Was, wenn wir uns bei solchen Ideen zunächst auf das Potenzial für unsere Quartiere und Städte konzentrieren, anstatt darauf, welche Arbeit, Probleme und Hürden in dem Zuge berücksichtigt werden müssen? „Es könnte ja gut werden“ sollte das Leitprinzip solcher Vorhaben werden. Dass wir in Deutschland rechtliche Bestimmungen haben, die uns in unserer Entwicklung eher hemmen – ja sogar lähmen – anstatt nach vorne zu bringen, gilt nicht nur für kreative Akteur:innen. Doch genau hier müssten wir endlich, endlich ansetzen. Ich kenne viele Projektentwickler:innen, die grundsätzlich offen sind gegenüber anderen Wegen. Doch auch ihnen sind aufgrund rechtlicher Vorgaben schlichtweg die Hände gebunden. Infolgedessen werden Ideen im Keime erstickt, weil wir ihnen einfach nicht den richtigen Nährboden in Deutschland bieten.

Mit der polis.WERK.STADT widmet sich die Convention dieses Jahr erstmals mit einer eigenen Bühne und einem gleichnamigen Preis der Nachwuchsförderung.  Was steckt genau dahinter?

Unser polisWERK.STADT Preis prämiert studentische Ideen und Visionen, die wir als innovativ, neu und zukunftstauglich bewerten. Mit ihm möchten wir Kommunen und Unternehmen zeigen, welches Potenzial die junge(n) Generation(en) mit sich bringen, die mit Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung, New Work etc. bereits groß geworden sind. Diese Kompetenz wohnt den nachfolgenden Generationen inne. Dessen müssen sich Arbeitgeber:innen genauso bewusst werden wie der Chance, die sich hier auftut: Junge Menschen bewegen sich heute in vielen Feldern bereits absolut sicher, die für ältere Generationen „Neuland“ sind. Hier entsprechende Brücken zu bauen und den Dialog zu initiieren, ist Ziel unserer polisWERK.STADT. Es geht darum, gemeinsam zu denken, zu werken und letztlich gemeinsam zu wirken.

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