K.o. durch KI? Ganz im Gegenteil! Das ist die Bilanz von „Kreativ, konstruktiv, katastrophal?“, unserer produktiven Konferenz zum aktuellen KI-Hype im Rahmen der START ART WEEK, zu der wir am 7. September 2023 mehr als 100 Gäste in der Hochschule Düsseldorf begrüßen konnten. Denn der Faktor Mensch ist bei der Nutzung künstlicher Intelligenz unverzichtbar, allerdings werden sich Berufsbilder, Arbeits- und Wirkungsfelder und Aufgaben wandeln.
Wie kann und sollte die Kreativbranche künstliche Intelligenz nutzen? Und wohin führen uns diese neuen Services und Tools? Um diese Fragen kreiste die Konferenz, die wir gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Kultur- & Kreativwirtschaft (KomKuK) der Wirtschaftsförderung Düsseldorf und in Kooperation mit dem PopBoard NRW organisiert haben.
Creative Technologist, Dozent und Designer Patrik Hübner befasste sich in seiner Keynote „Leading through Creativity“ mit der Frage, welche Rolle Kultur- und Kreativschaffende in Zeiten künstlicher Intelligenz einnehmen können. Für ihn ist klar, dass sich Kreativunternehmer:innen den Herausforderungen der Gegenwart anpassen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein. In der Entwicklung liegen auch große Chancen: Zum einen weitet sich das Arbeits- und Wirkungsfeld von Kreativen aus, zum anderen haben gerade sie die Möglichkeit, gesellschaftliche und technologische Veränderungen sichtbar und erfahrbar zu machen. Designer:innen und andere Kreative schlüpfen dabei immer mehr in die Rolle als Vermittler:in zwischen Forschung, Politik und Gesellschaft. Ein grundlegendes Verständnis neuer Technologien wie KI ist dafür unerlässlich. Dabei geht es nicht so sehr darum, das Handeln, sondern das Denken zu verändern. Computational Thinking ist für ihn eine Schlüsselmethode hierfür: Es geht darum, die Welt in ihrer Systematik zu verstehen, Regeln zu erkennen, um diese zielführend in seine kreativen Lösungen einzusetzen. Künstliche Intelligenz sollte dabei nicht als Konkurrenz, sondern als ko-kreativer Partner verstanden werden: Im Zusammenspiel von menschlichen und maschinellen Kompetenzen wird es möglich, Geschichten in einer ganz neuen Weise zu erzählen. Mit drei Beispielen aus seiner kreativen Laufbahn untermauerte er seine Thesen.
Tech-Journalist Thomas Riedel zeigte auf, wie sich der KI-Hype in eine Reihe von Technologie-Hypes einreiht, die immer (auch) von finanziellen Interessen großer Investor:innen getrieben werden. Er impfte sein Publikum mit einer Dosis Zukunftskompetenz, die dabei helfen soll, Zukunftsnarrative zu analysieren und zu bewerten. Er erwartet, dass der KI-Hype wie alle Hypes zuvor bald wieder abebbt, KI als Technologie und als Element einer immer weiter voranschreitenden Automatisierung aber an Relevanz und Verbreitung weiter zunehmen wird. Der entscheidende Vorteil gegenüber anderen Hypes: der einfache Zugang. Sein Fazit: Künstliche Intelligenz ist sowohl als Werkzeug als auch als Zukunftsnarrativ mächtig. Es liegt nun an uns allen zu lernen, was das Werkzeug wirklich kann und was es nicht tun sollte, und dies durch gesellschaftliche Prozesse zu regulieren.
In vier Workshops wurden dann ganz konkret Anwendungsgebiete erkundet.
Die freie Journalistin Bettina Blass warf im Workshop „KI als Kreativitätspartnerin“ einen Blick auf verschiedene KI-Anbieter:innen und mögliche Prompts, die den Arbeitsalltag erleichtern. Geschäftsideen auf Stärken und Schwächen analysieren, Texte verbessern, aus Facebook-Posts Storyboards für Videos machen oder sich Impulse für eine Bildidee holen: Bettina Blass zeigte auf, wie es möglich wird.
Im Workshop zum Thema „KI und Bild“ mit Markus Neckar von palmerhargreaves erfuhren die Teilnehmenden, wie künstliche Intelligenz in Programmen wie Midjourney genutzt wird, um Bilder zu erstellen – und beleuchtete auch die damit verbundenen ethischen und rechtlichen Probleme. Die Teilnehmenden erhielten Tipps, wie Prompts lauten sollten, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen, und wie KI Schritt für Schritt in das Geschäft eingeführt werden kann.
Im Workshop „KI im Bewegtbild“ gab Fritz Gnad einen aktuellen Überblick der Technologien zur Bearbeitung und Generierung von Video- und Filmmaterialien. Im Rahmen des in Kooperation mit dem PopBoard NRW durchgeführten Workshops „AI MUSIC PLAYGROUND“ lud Jovanka v. Wilsdorf interessierte Kreative und Musiker:innen dazu ein, verschiedene AI Music Tools auszuprobieren und mit ihnen Musik zu kreieren.
In einer Paneldiskussion tauschten sich Branchenvertreter:innen darüber aus, was KI für die Kreativwirtschaft und die Gesellschaft insgesamt bedeutet: Philip Böndel (CEO/THE AMBITION & CMO/BUTTER.United), Andreas Degen (CEO/DoKomi – AkibaDreams), Prof. Christian Jendreiko (Hochschule Düsseldorf / PBSA) und Lisa-Marleen Mantel (Elastique) erläuterten, wie sie KI schon heute nutzen und blickten in die Zukunft. „KI ist ein mächtiges Instrument, das wir alle mit Freude nutzen sollten. Es werden sicher Jobs wegfallen, aber es werden viel mehr neue entstehen“, ist Philip Böndel überzeugt. Aber auch Schattenseiten wie Energie- und Wasserverbrauch, Ausbeutung von Arbeitskräften oder verdeckte Stereotypen wurden dabei angesprochen. Rechtsanwältin Sabine Richly berichtete aus ihrer Beratungsarbeit u.a. für Künstler:innen und die Initiative Urheberrecht. Sie plädierte für eine Verpflichtung, KI-generierten Output zu kennzeichnen. Zudem sprach sie sich dafür aus, Regelungen zu finden, um Urheber:innen prospektiv für die Nutzung ihrer Werke für das Training von KI-Software zu vergüten. Zum Abschluss waren alle Gäste zum Networking mit Kaltgetränken und Snacks eingeladen.
Eindrücke vom Tag findet ihr in unserer Mediathek.
Fotos: Anh Tu Vu