17. 4. 2025
creative.talk

Leonie Berents
the cop studios

Leonie Berents

Aus der Leitung und Beratung komplexer Transformationsprojekte kommend, führte Leonie Berents mehrfach Teams durch Veränderungsprozesse. Getrieben von dem Wunsch, mit dem eigenen Tun einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, gründete sie das ökosoziale Wein-Start-up abgefüllt. als Vorbild verantwortungsvollen Wirtschaftens. Mit the cop studios führte sie parallel ihre Mentoringrolle weiter und fokussiert sich heute vollständig auf das Coaching ambitionierter Gründer:innen und Führungspersönlichkeiten, die mit ihrem Tun einen echten Unterschied machen möchten.

Beim creative.founders day 2025 am 6. Mai 2025 leitet sie einen Workshop zum Thema „Identität & Resilienz als Erfolgsfaktoren für dein Business“.

 

Leonie, du hast mit abgefüllt. ein ökosoziales Start-up mitgegründet, nachdem du viele Jahre Veränderungsprozesse in Unternehmen begleitet hast. Was hat dich motiviert, selbst zu gründen – und welche Rolle spielte deine eigene Identität dabei?

Auf der einen Seite meiner Vita komme ich aus dem Medizin-Management und habe mich in Psychologie und Neurowissenschaft weitergebildet. Auf der anderen Seite habe ich Menschen im Wandel begleitet. Der langfristige Erfolg im Umgang mit Veränderungen ließ sich für mich auf beiden Seiten jedoch immer auf Resilienz zurückführen. Und die Veränderungsbereitschaft in Großprojekten hing auf Führungsseite maßgeblich von der eigenen Offenheit gegenüber Neuem ab. Transformation beginnt immer bei uns selbst. Daher ist das Loslassen des Alten und Raum schaffen für das Neue für mich unweigerlich mit dem Hinterfragen der eigenen Identität verknüpft. Bei abgefüllt. war ein großer Motivator, in der doch sehr traditionellen Weinbranche wirksame Impulse für Veränderung zu setzen, die automatisch mit dem Loslassen von überholten Grundsätzen einhergehen und Chancen für die Zukunftsfähigkeit eröffnen. Ziel war für mich stets, in der eigenen Gründung keine Werte- oder Systemkonflikte mehr austragen zu müssen, die mich vormals im Fortschritt hemmten.

Nachhaltiges Wirtschaften ist ein zentraler Bestandteil deiner Arbeit. Welche Voraussetzungen sind nötig, damit wertebasiertes Arbeiten und ökonomisches Wachstum einhergehen?

In meiner Arbeit mit Gründer:innen bildet das Erkennen der eigenen Identität das absolute Fundament für alle strategischen Folgeentscheidungen. Als Gründer:in ist unsere Persönlichkeit untrennbar mit unserem Business verbunden. Also gilt es hier von Beginn an eine Haltung zu entwickeln, bei der der eigene Wertekodex wie ein Kompass für das Wirtschaften fungiert. Wenn wir wissen, woher wir kommen und wer wir sein wollen, dann können wir auch Visionen skizzieren. Ohne Herkunft gibt’s quasi keine Zukunft. Und je besser wir ein System entwickelt haben, auch täglich auf unsere wertebasierten Ziele einzuzahlen, desto eher wachsen nicht nur wir persönlich, sondern auch das eigene Business. Stell dir vor, du weißt jeden Morgen beim Aufwachen ganz genau, wofür du das machst und worauf dein Tun einzahlt. Menschen werden das spüren, du wirst die richtigen Menschen anziehen, und damit wird unmittelbar dein Einfluss wachsen – und damit auch dein Kontostand. Gesamtgesellschaftlich würden wir uns aus meiner Sicht alle einen Gefallen tun, Menschen mehr nach ihren Werten und Stärken einzusetzen. Ich habe eine große Überzeugung in mir, dass wir ökonomisch wesentlich besser wachsen können, wenn jeder Mensch sein eigenes Puzzleteil im großen Ganzen kennt.

In deiner Mentoring-Arbeit mit the cop studios begleitest du Menschen, die mit ihrem Business echten Impact schaffen wollen. Was sind die häufigsten Hürden auf dem Weg zu einem klaren, authentischen Geschäftsmodell?

Ehrlicherweise sind die Hürden, die mir genannt werden, meist nicht die, die tatsächlich vorliegen. Genannt wird mir z. B. „Mir fehlt ein klarer Fahrplan.“ Was wirklich fehlt, ist absolute Selbstführung. Und um die zu erlangen, müssen wir erst einmal die gängigen mentalen Herausforderungen lösen. Diese sind Unsicherheit, Vergleich, Abgrenzung und Produktivität. Wenn Gründer:innen den Übergang von der Geschäftsidee zum funktionierenden Modell nicht schaffen, liegt es in den meisten Fällen (a) an mangelnder Klarheit über die eigene Positionierung und (b) an fehlendem Fokus auf die richtigen Schritte zur richtigen Zeit.

Gerade in der Gründungsphase kann es ordentlich ruckeln. Du sprichst viel über Resilienz – was verstehst du darunter konkret, und wie kann man diese Stärke als Gründer:in gezielt aufbauen?

Resilienz steht für die psychische Widerstandskraft eines Menschen – also die Fähigkeit, angemessen mit Stress, schwierigen Lebenssituationen und Krisen umgehen zu können und sogar Chancen für Stärkenentwicklung in diesem Prozess zu erkennen.

Resiliente Menschen haben einen tiefen Glauben in sich, dass sich Dinge zum Guten wenden, und sie nehmen an, was sie nicht ändern können. Sie suchen stets nach Lösungen, anstatt sich auf Probleme zu fokussieren, und suchen Unterstützung, wo nötig. Sie gestalten also aktiv ihr Leben, anstatt sich diesem passiv erlegen zu fühlen – auch in schwierigen Zeiten. Die Grundlage dafür ist der Aufbau von Selbstwirksamkeit. Und die Vorstufe dazu ist absolute Selbstverantwortung. Wir können also heute bereits damit beginnen, uns darin zu üben, indem wir über Routinen trainieren, diszipliniert zu handeln. Dazu gehören bewusst wahrgenommene Morgen- und Abendroutinen, aber auch eingeplante Zeit für Dinge, die uns in die Aktivierung oder die Erholung bringen. Aktivitäten, die uns aus unserer Komfortzone holen und uns zeigen, dass wir aktiv etwas bewegen können, sind essenziell für die eigene Wirksamkeit. Dazu gehört auch, schneller Entscheidungen zu treffen, tägliche Ziele zu haben oder sich mit guten Menschen zu umgeben. Du kannst dich also bewusst dazu entscheiden, ab jetzt in deinem Leben zufrieden zu sein – und dann danach zu handeln.

In deinem Workshop im Rahmen unseres creative.founders day geht’s genau um diese Themen: Identität und Resilienz als Erfolgsfaktoren im Business. Was erwartet die Teilnehmenden?

Ich werde konkrete Methoden und Reflexionsübungen mitbringen, die eigene Identität authentisch ins Business zu bringen, sodass sich die Gründer:innen nicht mehr verbiegen müssen. Außerdem schauen wir uns an, was Resilienz mit gesunder High Performance zu tun hat. Nur 20 Prozent aller Menschen nutzen ihr volles Potenzial. Wenn du nachhaltiges Wachstum erzielen möchtest, wird der Workshop dein Kickstart dafür sein, nicht zu den anderen 80 Prozent zu gehören.

Du bewegst dich auch viel in der Kreativwirtschaft. Welche Rolle können kreativwirtschaftliche Denkweisen und Methoden bei gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozessen spielen? Und warum braucht es gerade jetzt – in Zeiten von multiplen Krisen – mehr davon?

Design, Kunst oder Medien bringen für mich vor allem Perspektivwechsel mit. Wir brauchen nicht nur Transformationsmanager:innen, die systemisch denken. 70 Prozent aller Transformationsprogramme scheitern, weil sie die Menschen auf dem Weg nicht mitgenommen haben. Kreative Ansätze wie z.B. Design Thinking hinterfragen bestehende Strukturen und helfen dabei, komplexe Herausforderungen nutzerzentriert und kollaborativ zu lösen. Außerdem sind wir Menschen ziemlich gut darin, Horrorszenarien zu zeichnen. Was wir aber in Krisenzeiten wirklich brauchen, sind positive Zukünfte. Kreative können diese Zukunftsbilder imaginieren und neue Narrative entwickeln, die uns antreiben.

Warum braucht es gerade jetzt mehr davon? Nun, Transformationen sind vielschichtig, und ihr Erfolg hängt nicht nur an Technik, Systemen oder Politik, sondern vor allem auch am kulturellen Wandel. Kreative bringen eine gewisse Sensibilität für kulturelle Codes mit und können gerade in Zeiten der Krisenüberlagerung zur Co-Kreation anregen und Mut zur Unsicherheit beweisen. Kreative Prozesse bringen uns in die Lage, neue Denkansätze zu entwickeln, und eröffnen so Räume für Hoffnung und kollektive Handlungsfähigkeit.

Und zum Schluss: Wenn du Gründer:innen einen einzigen Gedanken mitgeben könntest – welcher wäre das?

Warte nicht auf dein Talent oder „die richtige Zeit“. Disziplin schlägt immer Talent. Also fang heute damit an, dein Denken und Handeln zu optimieren, um den Herausforderungen von Morgen mit innerer Stabilität begegnen zu können.

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